Wenn Sie als Einzelunternehmer oder Einzelunternehmerin Ihren Geschäftsbetrieb aufgeben, müssen Sie eine Aufgabebilanz i.S.d. § 16 EStG erstellen. Damit Sie wissen, was die Aufgabebilanz ist, wer sie erstellen muss und was der Sinn der Aufgabebilanz ist, haben wir diesen Artikel für Sie verfasst.

In diesem Beitrag erfahren Sie alles Wichtige zur Aufgabebilanz. Wir zeigen Ihnen außerdem an einem Beispiel, wie die Aufgabebilanz erstellt wird und warum sie für die Berechnung des Aufgabegewinns notwendig ist.

Was ist eine Aufgabebilanz?

Bei einer vollständigen Geschäftsaufgabe werden die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens verkauft oder in das Privatvermögen überführt. In der Aufgabebilanz wird festgehalten, welche Erlöse durch den Verkauf der Vermögensgegenstände erzielt wurden und wie hoch der Wert der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter ist.

Geschäftstreibende müssen eine Aufgabebilanz erstellen, damit der Aufgabegewinn berechnet werden kann. Der Aufgabegewinn muss, sofern keine Freibeträge angewendet werden können, vollständig versteuert werden und wird dem Einkommen des Unternehmers hinzugerechnet.

Zur Berechnung des Aufgabegewinns werden die Werte aus der Aufgabebilanz mit den Werten der Schlussbilanz verglichen. Sie als Unternehmer müssen bei einer Geschäftsaufgabe also sowohl eine Schlussbilanz als auch eine Aufgabebilanz erstellen.

Die Schlussbilanz ist dabei die reguläre Bilanz des laufenden Geschäftsjahres bis zum Zeitpunkt der Aufgabe.

Wann muss eine Aufgabebilanz erstellt werden?

Bei einer Geschäftsaufgabe muss grundsätzlich eine Aufgabebilanz erstellt werden. Dabei ist es irrelevant, ob Sie Kleinunternehmer, Selbstständiger, Freiberufler oder Unternehmer sind. Das Finanzamt benötigt die Aufgabebilanz, um den Aufgabegewinn festzustellen.

Das bedeutet, dass Sie auch dann eine Aufgabebilanz erstellen müssen, wenn Sie bisher nicht bilanzierungspflichtig sind. Für die Aufgabe des Geschäfts muss jeder Unternehmer zur Bilanzierung übergehen.

Warum muss eine Aufgabebilanz erstellt werden?

Die Aufgabebilanz wird erstellt, um den Aufgabegewinn zu ermitteln. Bei der Aufgabe eines Geschäftsbetriebs werden oftmals stille Reserven aufgedeckt, weil die tatsächlichen Werte von Wirtschaftsgütern häufig über den Buchwerten dieser liegen.

Die Aufdeckung von stillen Reserven führt in diesem Fall zu einer Steuerverpflichtung. Damit die Betriebsaufgabe aus steuerrechtlicher Sicht korrekt abgewickelt werden kann, muss eine Aufgabebilanz aufgestellt werden.

Wie wird der Aufgabegewinn ermittelt?

Der Aufgabegewinn wird errechnet, indem die Erlöse aus der Betriebsaufgabe und der Wert der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter mit den Aufgabekosten und den Buchwerten des Betriebsvermögens verrechnet werden. Den Aufgabegewinn können Sie dabei über folgendes Schema ermitteln:

Veräußerungserlöse durch Verkauf von Wirtschaftsgütern

+ Teilwerte der in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter

- Aufgabekosten

- Buchwert des Betriebsvermögens (Kapitalkonto)

= Aufgabegewinn

Die Berechnung des Aufgabegewinns wird an einem Beispiel einfach nachvollziehbar:

Die 65-jährige Inhaberin eines Bastelladens hat sich zur Betriebsaufgabe entschieden. Sie veräußert einen Großteil ihrer Wirtschaftsgüter an einen anderen Ladenbesitzer. Dabei verkauft sie ihre Einrichtung, ein Kassensystem und Materialien für 50.000 Euro an den Ladenbesitzer.

Des Weiteren behält sie Stoffe im Wert von 5.000 Euro und überführt zudem den Kassenbestand von 10.000 Euro in ihr Privatvermögen.

Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit ist das Betriebsvermögen größtenteils abgeschrieben. Der Buchwert des Betriebsvermögens beträgt noch 10.000 Euro. Der Aufgabegewinn errechnet sich demnach wie folgt:

Verkaufserlös Einrichtung, Kassensystem u. Materialien

50.000 Euro

+ Wert der Stoffe (Überführung ins Privatvermögen)

5.000 Euro

+ Kassenbestand (Überführung ins Privatvermögen)

10.000 Euro

= Zwischensumme Erlöse/Überführung ins Privatvermögen

65.000 Euro

- Aufgabekosten

0 Euro

- Buchwert des Betriebsvermögens

10.000 Euro

= Aufgabegewinn

55.000 Euro

Wie wird der Aufgabegewinn steuerlich betrachtet?

Der Aufgabegewinn unterliegt grundsätzlich der Einkommenssteuer. Aus gewerbesteuerlicher Sicht besitzt der Aufgabegewinn keinerlei Relevanz. Die Gewerbesteuer findet beim Aufgabegewinn also keine Anwendung.

Bei der Besteuerung des Aufgabegewinns gibt es einige wichtige Sonderregelungen und einen Freibetrag. Die Regelungen ergeben sich hierbei aus § 16 Abs. 4 EStG. Geschäftstreibende erhalten gemäß dieses Paragraphs einen Freibetrag von 45.000 Euro für den Aufgabegewinn, sofern sie das 55. Lebensjahr überschritten haben oder dauerhaft berufsunfähig sind. Dieser Freibetrag kann jedoch nur einmal angewendet werden und muss aktiv beantragt werden.

Hinweis: Den Freibetrag gibt es nur bis zu einem Aufgabegewinn von 136.000 Euro. Der Freibetrag vermindert sich um den Betrag, um den der Aufgabegewinn einen Wert von 136.000 Euro überschreitet. Ab einem Aufgabegewinn von 181.000 Euro beträgt der Aufgabegewinn damit 0 Euro.

Anhand dieser Informationen können wir den steuerpflichtigen Gewinn unserer Bastelladen-Besitzerin ausrechnen. Dieser ergibt sich wie folgt:

Aufgabegewinn

55.000 Euro

- Freibetrag (gem. §16 Abs. 4 EstG)

45.000 Euro

= Steuerpflichtiger Aufgabegewinn

10.000 Euro

Dieser steuerpflichtige Aufgabegewinn von 10.000 Euro wird zu ihrem restlichen Einkommen hinzugerechnet und unterliegt gemeinsam mit den restlichen Einkünften der Einkommensteuer.


Disclaimer: Die Angaben in diesem Artikel wurden mit großer Sorgfalt recherchiert. Für die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit der angegeben Informationen können wir dennoch keine Haftung übernehmen. Insbesondere ersetzen die Informationen keine qualifizierte Beratung durch einen Steuerberater.