In der Geschäftspraxis bezieht sich der Begriff "Gewinnermittlung" auf den Prozess, mit dem Unternehmen, aber auch Freiberufler oder Freelancer, ihren finanziellen Gewinn oder Verlust in einem bestimmten Zeitraum berechnen.

Für die Ermittlung des Gewinns gibt es in der Regel zwei Hauptmethoden: die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) und die Bilanz

Natürlich hat die Erstellung von Einnahmen-Überschuss-Rechnungen und Bilanzen für Selbstständige in Deutschland eine klare Bedeutung. Diese Dokumente erfüllen wesentliche Aspekte, wie zum Beispiel:

  • Eine detaillierte Dokumentation Ihres Geschäftsbetriebs.

  • Sie bilden die Grundlage für Ihre Steuererklärungen.

  • Glaubwürdige Informationen, wenn Sie Kredite beantragen oder Verträge aushandeln.

"Warum ist das für mich relevant?" 

Nach deutschem Recht, insbesondere den §§ 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sind sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen, die Einkünfte erzielen, verpflichtet, ihre Einkünfte zu ermitteln. Die Wahl zwischen EÜR und Bilanz hängt jedoch weitgehend von der Art und Größe Ihres Unternehmens ab.

  • Freiberufler und kleine Unternehmen: Freiberufler und Kleinunternehmer, insbesondere solche ohne doppelte Buchführungspflicht, entscheiden sich in der Regel für die einfachere EÜR-Methode. Diese Methode ist jedoch nur möglich, wenn der Jahresumsatz nicht über 600.000 Euro und der Gewinn nicht über 60.000 Euro liegt.

  • Mittlere bis große Unternehmen: Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 600.000 Euro und einem Gewinn von mehr als 60.000 Euro sind in der Regel verpflichtet, eine Bilanz zu erstellen. Kapitalgesellschaften wie UG, GmbH und AG haben gar keine Wahlmöglichkeit – sie müssen die Bilanzmethode anwenden.

Aufgepasst: In Deutschland ist diese Entscheidung nicht nur eine administrative Entscheidung, sondern eine gesetzliche Verpflichtung, die im Einkommensteuergesetz (EStG) festgelegt ist. 

Was ist die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)?

Die EÜR ist, kurz gesagt, die einfachste Art, Ihren steuerpflichtigen Gewinn zu berechnen. Sie schreiben alle Einnahmen auf, die Ihr Unternehmen erzielt hat, und ziehen dann alle Ausgaben ab. Was übrig bleibt, ist Ihr Gewinn oder Verlust für das Jahr. Diese Methode eignet sich besonders für kleine Unternehmen, Freiberufler und Selbstständige. Die EÜR erfordert nicht den Ballast einer komplizierten Buchführung, was Zeit und Ressourcen spart.

Was ist eine Bilanz?

Im Vergleich zur EÜR bietet die Bilanz einen weitaus detaillierteren Finanznachweis für Ihr Unternehmen. Sie zeigt nicht nur die Einnahmen und Ausgaben, sondern auch Ihre Aktiva und Passiva. Diese Methode ist in der Regel für größere Unternehmen erforderlich, die nach bestimmten Gesetzen und Normen eine detaillierte Buchhaltung führen müssen. Die Bilanz vermittelt ein genaues Bild der finanziellen Gesundheit und ist daher komplexer und zeitaufwändiger als die EÜR.

Unterschiede zwischen Einnahmen-Überschuss-Rechnung und Bilanz

Kriterium

Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)

Bilanz

Ziel

Steuerlicher Gewinn/Verlust

Vermögens- und Finanzstatus

Geeignet für

Kleinunternehmen, Freiberufler

Mittelständische und große Unternehmen

Rechtliche Grundlage

Einkommensteuergesetz (EStG)

Handelsgesetzbuch (HGB), IFRS

Komplexität

Niedriger

Höher

Zeitraum

Geschäftsjahr

Stichtagsbezogen (meist Jahresende)

Vermögensaufstellung

Nein

Ja

Schuldenaufstellung

Nein

Ja

Liquidität

Nicht detailliert

Detailliert (in der Bilanz selbst)

Erfordert doppelte Buchführung

Nein

Ja

Zusätzliche Berichte

In der Regel nicht

Oftmals Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Lagebericht

Wer muss welche Form der Gewinnermittlung durchführen? Die gesetzlichen Anforderungen

Natürlich gibt es Regeln, wann die Einnahmen-Überschuss-Rechnung angewendet werden kann und wann sie wegfällt. Für kleine Unternehmen und insbesondere für Freiberufler ist die EÜR oft die sinnvollere Methode, nicht zuletzt weil sie weniger zeitaufwendig und weniger komplex ist. Im Gegensatz dazu sind größere Unternehmen oder solche, die dem Start-up-Stadium entwachsen sind, in der Regel durch gesetzliche Vorschriften an die Bilanzierung gebunden.

Das Einkommensteuergesetz (EStG) legt in § 4 Absatz 3 fest, dass Unternehmen (wie bereits erwähnt) mit einem Jahresumsatz von nicht mehr als 600.000 Euro oder einem Jahresgewinn von nicht mehr als 60.000 Euro diese Methode anwenden können. Wenn Ihr Unternehmen also noch in den Kinderschuhen steckt oder Sie eine überschaubare Größe haben, steht Ihnen die EÜR offen.

Ab wann muss man bilanzieren?

Im Gegensatz zur EÜR ist die Bilanzierung in der Regel keine freiwillige Option, sondern wird bei Überschreitung bestimmter Größenordnungen zur Pflicht. Das Handelsgesetzbuch (HGB) klärt in den Paragrafen § 242 und § 264, dass Unternehmen, die die Schwellen von 600.000 Euro Umsatz oder 60.000 Euro Gewinn pro Jahr überschreiten, zur Bilanzierung verpflichtet sind. Das heißt, wenn Ihr Unternehmen wächst und an Komplexität zunimmt, verlangt das Gesetz von Ihnen, dass Sie ein umfassenderes Bild Ihrer finanziellen Situation durch eine Bilanz erstellen. Wir haben ein paar Beispiele für Sie:

Fall 1: Kleine Unternehmen und Freiberufler

Bist du wie Petra, eine freiberufliche Texterin, die alleine arbeitet?

  • Muss eine Gewinnermittlung durchführen?: Ja

  • Welche Methode ist zulässig?: EÜR

  • Relevante Gesetze: § 4 Abs. 3 EStG ermöglicht die Nutzung der EÜR, wenn der Jahresumsatz unter 600.000 Euro und der Jahresgewinn unter 60.000 Euro liegt.

Fall 2: Mittelständische Unternehmen

Bist du wie Markus, der ein mittelständisches IT-Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 3 Millionen Euro führt?

  • Muss eine Gewinnermittlung durchführen?: Ja

  • Welche Methode ist zulässig?: Bilanzierung

  • Relevante Gesetze: §§ 238 ff. HGB und §§ 140, 141 AO. Da der Umsatz über 600.000 Euro liegt, ist die Bilanzierung verpflichtend.

Fall 3: Kapitalgesellschaften wie UG, GmbH oder AG

Bist du wie Sandra, die Geschäftsführerin einer GmbH ist?

  • Muss eine Gewinnermittlung durchführen?: Ja

  • Welche Methode ist zulässig?: Bilanzierung

  • Relevante Gesetze: Kapitalgesellschaften sind nach §§ 238 ff. HGB zur doppelten Buchführung und Bilanzierung verpflichtet, unabhängig von Umsatz oder Gewinn.

Finanzielle Schwellenwerte für Bilanzierung und Einnahmen-Überschuss-Rechnung in Deutschland

Kriterium

Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)

Bilanz

Umsatzerlöse

Bis zu 600.000 €

Über 600.000 €

Jahresüberschuss

Bis zu 60.000 €

Über 60.000 €

Bilanzsumme

-

Über 350.000 €

Rechtsform

Einzelunternehmer, GbR, Freelancer

GmbH, AG, KGaA, etc.

Pflicht zur doppelten Buchführung

Nein

Ja

Eine Kurzanleitung – Bilanz oder EÜR? 

Die Entscheidung zwischen EÜR und Bilanz ist nicht nur eine Frage der persönlichen Vorliebe oder der kurzfristigen Bequemlichkeit, sondern eine langfristige Strategie, die Ihr Vorhaben entweder auf Erfolgskurs bringt oder, wenn sie falsch gehandhabt wird, zu einem Hindernis für die Einhaltung der Vorschriften werden kann. Hier sind einige praktische, umsetzbare Schritte und Gedanken: 

Schritt 1: Bewerten Sie Ihren aktuellen Stand und Ihre zukünftigen Ziele

  • Aktuelle Finanzkennzahlen: Ermitteln Sie den Jahresumsatz und den Gewinn Ihres Unternehmens. Wissen Sie, wo Sie im Verhältnis zu den Schwellenwerten von 600.000 Euro Umsatz und 60.000 Euro Gewinn stehen? 

  • Zukünftige Ambitionen: Planen Sie, Ihr Unternehmen schnell zu vergrößern? Ist Ihr Unternehmen auf der Suche nach Investitionen? Ihre zukünftigen Ziele können sich darauf auswirken, welche Buchhaltungsmethode für Sie am besten geeignet ist.

Schritt 2: Konsultieren Sie einen Fachmann

  • Steuerberater: Ein Steuerberater kann Ihnen eine persönliche Beratung geben, die auf Ihr Geschäftsmodell, Ihre Größe und Ihre Zukunftspläne zugeschnitten ist.

  • Rechtsbeistand: Wenn Ihr Unternehmen eine GmbH oder eine andere Form der Kapitalgesellschaft ist oder werden soll, ist eine rechtliche Beratung ebenso wichtig. Gesetze und Compliance-Anforderungen können komplex sein und sich ständig ändern.

Wägen Sie die Vor- und Nachteile ab

  • Einfachheit vs. Details: EÜR ist einfacher und leichter zu verwalten, aber Bilanz bietet einen umfassenderen Überblick über die finanzielle Situation Ihres Unternehmens. Überlegen Sie, was den Bedürfnissen Ihres Unternehmens besser entspricht, sowohl heute als auch in Zukunft.

  • Zeit- und Ressourcenzuweisung: Bilanz erfordert im Allgemeinen mehr Zeit und Fachwissen, was höhere Kosten für die Einstellung von Buchhaltern oder Finanzberatern bedeuten kann. Die EÜR ist im Allgemeinen weniger ressourcenintensiv.

  • Steuerliche Vorteile: Jede Methode hat einzigartige steuerliche Auswirkungen. Zum Beispiel erlaubt Bilanz verschiedene Abschreibungsmethoden, die Ihr steuerpflichtiges Einkommen verringern können. Die EÜR ist in der Regel unkompliziert, bietet aber möglicherweise nicht so viele Steuervorteile.

Häufig gestellte Fragen

Ab wann muss ich als Unternehmer bilanzieren?

In Deutschland sind Sie zur Bilanzierung verpflichtet, wenn Ihr Unternehmen einen Jahresumsatz von mehr als 600.000 Euro oder einen Jahresgewinn von mehr als 60.000 Euro erzielt. Einige Rechtsformen wie z.B. GmbHs müssen immer bilanzieren, unabhängig von Umsatz und Gewinn.

Was ist ein Übergangsgewinn beim Wechsel von EÜR auf Bilanz?

Ein Übergangsgewinn tritt auf, wenn Sie von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) zur Bilanzierung wechseln. Dieser resultiert aus den verschiedenen Bewertungsansätzen und Zeitpunkten der beiden Methoden und muss steuerlich berücksichtigt werden.

Wie wechsele ich die Gewinnermittlungsart von EÜR auf Bilanz?

Der Wechsel von EÜR auf Bilanzierung erfolgt normalerweise unter steuerlicher Beratung, um sicherzustellen, dass alle Übergangsregelungen korrekt angewendet werden.

Kann eine GmbH die EÜR als Gewinnermittlungsart wählen?

Nein, für GmbHs ist die Bilanzierung gesetzlich vorgeschrieben. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist für diese Rechtsform nicht zulässig.

Was ist der Unterschied zwischen einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)?

Die Bilanz gibt einen Überblick über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag. Die Gewinn- und Verlustrechnung hingegen zeigt den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens über einen bestimmten Zeitraum.


Disclaimer: Die Angaben in diesem Artikel wurden mit großer Sorgfalt recherchiert. Für die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit der angegeben Informationen können wir dennoch keine Haftung übernehmen. Insbesondere ersetzen die Informationen keine qualifizierte Beratung durch einen Steuerberater.