Personengesellschaften müssen in bestimmten Fällen eine Ergänzungsbilanz erstellen, damit der Gewinn der einzelnen Gesellschafter korrekt ermittelt werden kann. Die Notwendigkeit von Ergänzungsbilanzen ist auf den ersten Blick oftmals verwirrend, ergibt auf den zweiten Blick aber durchaus Sinn.
Damit Sie verstehen, was es mit der Ergänzungsbilanz auf sich hat und warum der Gesetzgeber diese Art der Bilanz fordert, haben wir diesen Artikel für Sie verfasst. In diesem Beitrag erklären wir den Zweck der Ergänzungsbilanz zunächst allgemein und sehen uns dann ein konkretes Beispiel an. Außerdem erfahren Sie, worin der Unterschied zwischen einer Sonder- und einer Ergänzungsbilanz besteht.
Was versteht man unter einer Ergänzungsbilanz?
Unter einer Ergänzungsbilanz versteht man eine Bilanz, die für individuelle Gesellschafter einer Personengesellschaft für Besteuerungszwecke erstellt wird. Die Ergänzungsbilanzen bilden dabei einen Bestandteil der Gewinnermittlung von Personengesellschaften.
Die Ergänzungsbilanzen erhalten im Gegensatz zu einer Sonderbilanz keine zusätzlichen Vermögensgegenstände, sondern stellen lediglich eine Korrektur der Bewertungsansätze der Steuerbilanz dar. Deswegen werden die Ergänzungsbilanzen auch als Korrekturbilanzen bezeichnet.
Was ist der Sinn einer Ergänzungsbilanz?
Ergänzungsbilanzen werden aus zwei Gründen erstellt:
Gleichstellung eines Mitunternehmers mit einem Einzelunternehmer
Korrekte Ermittlung des zu versteuernden Gewinns eines Gesellschafters
Im deutschen Steuerrecht gilt der Grundsatz, dass Gesellschafter von Personengesellschaften und Einzelunternehmer möglichst gleich behandelt werden sollen.
In der Realität haben Gesellschafter oftmals Aufwendungen, die nicht in der Bilanz der Personengesellschaft abbildbar sind. In vielen Fällen wäre ein Mitunternehmer damit schlechter gestellt als ein Einzelunternehmer. Um eine Gleichbehandlung herzustellen, werden daher Ergänzungsbilanzen herangezogen.
Diese Ergänzungsbilanzen sorgen schlussendlich auch dafür, dass der zu versteuernde Gewinn eines Mitunternehmers korrekt ermittelt wird.
Beispiel Ergänzungsbilanz:
An einem Beispiel wird die Notwendigkeit von Ergänzungsbilanzen deutlich. Für unser Beispiel gehen wir von folgender Situation aus:
Stefan und Julian haben vor einigen Jahren gemeinsam eine Personengesellschaft gegründet und halten jeweils 50 % der Anteile.
Aus persönlichen Gründen möchte Julian aus der Firma aussteigen und verkauft daher seine Anteile für 60.000 Euro an Thorben.
Das Unternehmen bedruckt T-Shirts und besitzt nur eine Maschine, die aktuell einen Buchwert von 40.000 Euro besitzt.
Die Maschine kostete ursprünglich 200.000 Euro und wird über 10 Jahre linear abgeschrieben → Abschreibung in Höhe von 20.000 Euro pro Jahr.
Zum Zeitpunkt des Verkaufs der Anteile an Thorben hat die Maschine noch eine tatsächliche Nutzungsdauer von 4 Jahren.
Da Stefan und Thorben jeweils 50 % an diesem Wirtschaftsgut halten, werden jedem 50 % der jährlichen Abschreibung zugeordnet.
Nach zwei Jahren ist die Maschine komplett abgeschrieben und es ergeben sich folgende Abschreibungen für die beiden Gesellschafter:
Jahr | Stefan | Thorben (ohne Ergänzung) | Thorben (mit Ergänzung) |
1 | 10.000 | 10.000 | 15.000 |
2 | 10.000 | 10.000 | 15.000 |
3 | 0 | 0 | 15.000 |
4 | 0 | 0 | 15.000 |
Jeder Gesellschafter konnte daher 10.000 Euro pro Jahr als Abschreibung ansetzen.
Im Vergleich zu einem Einzelunternehmer, der die Maschine gebraucht gekauft hätte, wäre Thorben in diesem Fall schlechter gestellt. Der Einzelunternehmer könnte die Anschaffungskosten von 60.000 Euro über 4 Jahre abschreiben und damit eine jährliche Abschreibung von 15.000 Euro ansetzen. In den Jahren 1 und 2 kann er daher zusätzlich zur Abschreibung von 10.000 Euro eine Abschreibung von 5.000 Euro ansetzen. Dadurch ergibt sich die korrekte Abschreibung von 15.000 Euro für Thorben.
Da der Mitgesellschafter nicht schlechter gestellt sein soll als ein Einzelunternehmer, wird für Thorben eine Ergänzungsbilanz erstellt.
Die Werte in der Ergänzungsbilanz für Thorben ergeben sich dabei als Differenz des Kaufpreises und des Buchwerts. Seine Ergänzungsbilanz sieht demnach wie folgt aus:
A | P |
Mehrwert 20.000 | Mehrkapital 20.000 |
Hinweis: In der Realität besitzen Unternehmen meist mehr als eine Maschine. Für die Erstellung der Ergänzungsbilanzen werden daher zunächst stille Reserven aufgedeckt und der Mehrwert auf diese so weit wie möglich aufgeteilt. Deshalb sollten Sie sich in solchen Fällen immer Rat bei Ihrem Steuerberater einholen.
Wer muss eine Ergänzungsbilanz erstellen?
Die Ergänzungsbilanz muss von der Personengesellschaft im Rahmen der Gewinnermittlung erstellt werden. Nur durch die Ergänzungsbilanzen kann sichergestellt werden, dass die Gewinnermittlung der Personengesellschaft korrekt durchgeführt wird.
Die Ergänzungsbilanzen müssen inzwischen elektronisch zusammen mit der Gesamthandelsbilanz und etwaigen Sonderbilanzen an das Finanzamt übermittelt werden.
Wann muss eine Ergänzungsbilanz erstellt werden?
Eine Ergänzungsbilanz wird immer dann erstellt, wenn Wertkorrekturen der Steuerbilanz der Personengesellschaft durchgeführt werden müssen, um den Gewinn eines Mitgesellschafters korrekt zu ermitteln.
In der Praxis gibt es drei Anwendungsfälle, in denen Ergänzungsbilanzen erstellt werden:
Beim Erwerb von Anteilen an der Personengesellschaft,
bei der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Unternehmensanteilen in die Personengesellschaft durch einen Gesellschafter und
für die Inanspruchnahme personenbezogener Steuervergünstigungen
Was ist der Unterschied zwischen einer Ergänzungsbilanz und einer Sonderbilanz?
Während in einer Sonderbilanz das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters abgebildet wird, werden in einer Ergänzungsbilanz nur Wertkorrekturen zu bereits bestehenden Posten in der Gesamthandelsbilanz der Personengesellschaft erfasst.
Vereinfacht gesagt kommen in einer Sonderbilanz neue Posten hinzu, während in einer Ergänzungsbilanz bestehende Positionen neu bewertet werden.
Als Beispiel für einen Posten im Sonderbetriebsvermögen kann eine Immobilie genannt werden, die sich im Eigentum eines Gesellschafters befindet, aber von der Gesellschaft genutzt wird.
Zu Wertkorrekturen im Rahmen einer Ergänzungsbilanz kommt es beispielsweise, wenn ein neuer Gesellschafter Anteile von einem ausscheidenden Gesellschafter erwirbt und dafür einen die Buchwerte überschreitenden Kaufpreis bezahlt.
Disclaimer: Die Angaben in diesem Artikel wurden mit großer Sorgfalt recherchiert. Für die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit der angegeben Informationen können wir dennoch keine Haftung übernehmen. Insbesondere ersetzen die Informationen keine qualifizierte Beratung durch einen Steuerberater.